Netanjahu hat den Krieg gegen die Hamas verloren

Die Friedenslösung zwischen Israel und der Hamas, die Präsident Trump durchgesetzt hat, bedeutet, dass Israel den Krieg gegen die Hamas verloren hat. Wenn die Vereinbarung wie unterschrieben umgesetzt wird, hat Netanjahu keines seiner Kriegsziele erreicht.

In den zwei Jahren des Krieges, den Netanjahu und seine Regierung gegen die Hamas geführt haben, haben Netanjahu und seine führenden Minister immer wieder offen ihre Kriegsziele benannt. Das oberste Ziel war die totale Vernichtung der Hamas. Das ist offensichtlich nicht gelungen, denn nun musste Israel mit der Hamas eine Friedenslösung unterzeichnen, in der nicht einmal die Entwaffnung der Hamas gefordert wird.

Aber das ist längst nicht alles. In den letzten Monaten hat die israelische Regierung als Kriegsziel auch immer wieder verkündet, alle Palästinenser aus dem Gazastreifen zu vertreiben, damit sie sich in anderen Ländern ansiedeln. Das sah auch Trumps ursprünglicher Plan vor, in dem er Gaza zu einer „Riviera des Nahen Ostens“ machen wollte und ebenfalls die zwangsweise Umsiedlung der Palästinenser in andere Länder gefordert hat.

Sollten die Palästinenser Gaza nicht verlassen wollen, hatte israelische Minister angekündigt, sie im Süden des Gazastreifens zusammenzutreiben und sie dort in ein umzäuntes und bewachtes Gebiet zu sperren, das sie nicht verlassen dürften, es sei denn, sie würden den Gazastreifen für immer verlassen.

Auch dieses Kriegsziel konnte Israel offensichtlich nicht umsetzen.

Ein weiteres Kriegsziel der israelischen Regierung war es, die Kontrolle über Gaza zu übernehmen und nach dem Ende der Kämpfe dort Soldaten zu stationieren. Auch das Ziel konnte Netanjahu nicht umsetzen, denn laut dem nun unterzeichneten Abkommen muss die israelische Armee den Gazastreifen räumen.

Kurz und gut: De facto hat Netanjahu den Krieg trotz aller militärischen Anstrengungen verloren und nicht eines seiner Ziele erreicht.

Trump ist sauer auf Netanjahu

Ursprünglich war Trump ein enger Verbündeter von Netanjahu, der Netanjahu so ziemlich alles durchgehen ließ und ihn nach Kräften unterstützte. Das dürfte sich durch die israelische Bombardierung der katarischen Hauptstadt Doha geändert haben.

Mit dieser Bombardierung hat Netanjahu offenbar eine rote Linie überschritten, denn Katar ist einer der wichtigsten Verbündeten und Handelspartner der USA im Nahen Osten, den die USA zu schützen versprechen. Mit der Bombardierung von Katar hat Netanjahu daher de facto die USA international lächerlich gemacht, weil ihre Schutzversprechen nichts wert sind, wenn Israel ungestraft die Hauptstädte von US-Verbündeten bombardieren kann. Durch den Angriff auf Doha waren daher die Beziehungen der USA zu ihren arabischen Partnern gefährdet – und das war wohl selbst für Trump zu viel.

Nach der Bombardierung von Doha fand ein Telefonat zwischen Trump und Netanjahu statt, das der offensichtliche Wendepunkt war. Dem Vernehmen nach forderte Trump von Netanjahu, sich bei Katar zu entschuldigen und er unterzeichnete gleichzeitig ein Dekret mit einer Sicherheitsgarantie für Katar.

Dass die Hamas dem Abkommen zugestimmt hat, obwohl sie der israelischen Regierung nach all ihren Vertragsbüchen nicht vertrauen kann, dürfte ebenfalls Trumps Verdienst sein. Nachdem Netanjahu wegen der Bombardierung Katars Trumps Gunst verloren hatte, hat Trump über seinen Sondergesandten Witkoff Druck auf Netanjahu ausgeübt, dem Abkommen zuzustimmen.

Dass Trump am Montag, dem Tag, an dem die Hamas die ersten israelischen Geiseln freigelassen hat, nach Israel gereist ist und eine Rede in der Knesset gehalten hat, dürfte die wichtigste Friedensgarantie für die Hamas sein, denn Trump hat in seiner Rede betont, der Krieg sei nun vorbei. Wenn Netanjahu dagegen verstößt, würde er Trump vor der Welt als Lügner hinstellen. Trump hat Netanjahu damit klar gemacht, dass es hier keine weiteren Vertragsbrüche Israels mehr geben darf.

Trump will bekanntlich als Friedenspräsident in die Geschichte eingehen. Er war – wie er selbst betont – persönlich sehr stark an den Verhandlungen beteiligt. Ob sein Plan aufgeht und ob Netanjahu sich nun wirklich an den Vertrag hält, werden die nächsten Tage, Wochen und Monate zeigen.

Trumps 20-Punkte-Plan

Für die Hamas ist Trumps Friedensplan de facto ein Sieg und für Netanjahu eine krachende Niederlage, denn in dem Abkommen wird unter anderem festgelegt, dass Israel seine seit März andauernde Hungerblockade über Gaza aufhebt und dass das UN-Büro für Palästinenser, das Netanjahu schließen wollte, die Verteilung der Hilfsgüter übernimmt.

Außerdem ist darin klar festgelegt, dass „Israel den Gazastreifen weder besetzen noch annektieren wird“. Stattdessen wollen die USA „mit arabischen und internationalen Partnern zusammenarbeiten, um eine temporäre Internationale Stabilisierungstruppe (ISF) aufzubauen, die sofort in Gaza stationiert werden soll“. Die ISF soll die palästinensische Polizei in Gaza ausbilden und unterstützen und „sich mit Jordanien und Ägypten beraten, die über umfangreiche Erfahrung auf diesem Gebiet verfügen“.

Die israelische Armee soll die Kontrolle über Gaza an diese internationale Truppe übergeben, was ebenfalls eine faktische Sicherheitsgarantie für Gaza ist, denn sollte Israel Gaza angreifen, wenn dort arabische und andere internationale Soldaten stationiert sind, dürfte die internationale Reaktion sehr heftig ausfallen und auch mit der Unterstützung der USA dürfte die israelische Regierung dann kaum rechnen können.

In dem Plan ist außerdem der Wiederaufbau von Gaza und ein Programm zur wirtschaftlichen Unterstützung Gazas festgeschrieben.

Die einzige Kröte, die die Hamas schlucken muss, ist, dass sie an der Regierung und Verwaltung von Gaza nicht mehr beteiligt sein soll.

Ob Trumps Plan tatsächlich ein Erfolg wird und dauerhaften Frieden bringt, wird die Zeit zeigen. Die Finanzierung des Wiederaufbaus von Gaza ist darin beispielsweise nicht geregelt und die Frage wird sein, woher das Geld dafür kommen soll. Auch der weitere politische Prozess ist noch offen, denn wer Gaza nach der Zeit der Übergangsregierung, die die Kontrolle über Gaza übernehmen soll, regieren wird, ist ebenfalls nicht geregelt.

Es sind also längst nicht alle Stolpersteine aus dem Weg geräumt, aber wenn Israel sich dieses Mal an den Vertrag hält und nicht wieder Provokationen beispielsweise bei der Al-Aqsa-Moschee veranstaltet, wie sie dem Angriff der Hamas vorausgegangen sind, könnte das Abkommen tatsächlich ein Weg zum Frieden und vielleicht sogar zur Umsetzung der Zwei-Staaten-Lösung sein.

Damit Sie sich selbst ein Bild von dem Abkommen machen können, führe ich hier alle seine 20 Punkte auf.

1. Gaza wird eine deradikalisierte, terrorfreie Zone sein, die keine Bedrohung für ihre Nachbarn darstellt.

2. Gaza wird zum Wohle der Menschen in Gaza, die mehr als genug gelitten haben, saniert.

3. Wenn beide Seiten diesem Vorschlag zustimmen, wird der Krieg sofort beendet. Die israelischen Streitkräfte werden sich auf die vereinbarte Linie zurückziehen, um die Freilassung der Geiseln vorzubereiten. Während dieser Zeit werden alle militärischen Operationen, einschließlich Luft- und Artillerieangriffe, ausgesetzt, und die Frontlinien bleiben eingefroren, bis die Bedingungen für den schrittweisen Rückzug erfüllt sind.

4. Binnen 72 Stunden nach der öffentlichen Annahme dieser Vereinbarung durch Israel werden alle Geiseln, lebende und verstorbene, zurückgegeben.

5. Sobald alle Geiseln freigelassen sind, wird Israel 250 zu lebenslanger Haft verurteilte Gefangene sowie 1700 Gazaner, die nach dem 7. Oktober 2023 inhaftiert wurden, freilassen, darunter alle in diesem Zusammenhang inhaftierten Frauen und Kinder. Für jede freigelassene israelische Geisel wird Israel die sterblichen Überreste von 15 verstorbenen Gazanern freigeben.

6. Sobald alle Geiseln freigelassen sind, wird Hamas-Mitgliedern, die sich zu friedlicher Koexistenz und der Abgabe ihrer Waffen verpflichten, Amnestie gewährt. Hamas-Mitgliedern, die Gaza verlassen möchten, wird sicheres Geleit in die Aufnahmeländer gewährt.

7. Nach Annahme dieser Vereinbarung wird umgehend die volle Lieferung von Hilfe in den Gazastreifen erfolgen. Die Mengen der Hilfe entsprechen mindestens den Bestimmungen des Abkommens vom 19. Januar 2025 über humanitäre Hilfe, einschließlich der Wiederherstellung der Infrastruktur (Wasser, Strom, Abwasser), der Sanierung von Krankenhäusern und Bäckereien sowie der Bereitstellung der notwendigen Ausrüstung zur Beseitigung der Trümmer und zur Öffnung der Straßen.

8. Die Verteilung und Bereitstellung von Hilfsgütern im Gazastreifen erfolgt ohne Einmischung beider Parteien über die Vereinten Nationen und ihre Organisationen, den Roten Halbmond sowie andere internationale Institutionen, die in keiner Weise mit einer der beiden Parteien verbunden sind. Die Öffnung des Grenzübergangs Rafah in beide Richtungen unterliegt demselben Mechanismus, der im Abkommen vom 19. Januar 2025 umgesetzt wurde.

9. Gaza wird unter der vorübergehenden Übergangsregierung eines technokratischen, unpolitischen palästinensischen Komitees regiert, das für die alltäglichen öffentlichen Dienste und die kommunalen Aufgaben der Bevölkerung in Gaza verantwortlich ist. Dieses Komitee setzt sich aus qualifizierten Palästinensern und internationalen Experten zusammen und wird von einem neuen internationalen Übergangsgremium, dem „Board of Peace“, beaufsichtigt. Präsident Donald J. Trump wird den Vorsitz führen. Weitere Mitglieder und Staatsoberhäupter, darunter der ehemalige Premierminister Tony Blair, werden noch bekannt gegeben. Dieses Gremium wird den Rahmen festlegen und die Finanzierung des Wiederaufbaus von Gaza verwalten, bis die Palästinensische Autonomiebehörde ihr Reformprogramm, wie in verschiedenen Vorschlägen, darunter Präsident Trumps Friedensplan von 2020 und dem saudisch-französischen Vorschlag, dargelegt, abgeschlossen hat und die Kontrolle über Gaza sicher und effektiv zurückerlangen kann. Dieses Gremium wird sich an die besten internationalen Standards halten, um eine moderne und effiziente Regierungsführung zu schaffen, die den Menschen in Gaza dient und Investitionen anzieht.

10. Ein Trump-Wirtschaftsentwicklungsplan zum Wiederaufbau und zur Stärkung des Gazastreifens wird durch die Einberufung eines Expertengremiums erstellt, das einige der florierenden modernen Wunderstädte im Nahen Osten mitgestaltet hat. Zahlreiche wohlmeinende internationale Gruppen haben durchdachte Investitionsvorschläge und spannende Entwicklungsideen erarbeitet und werden berücksichtigt, um die Sicherheits- und Governance-Rahmenbedingungen zu schaffen, die diese Investitionen anziehen und erleichtern und so Arbeitsplätze, Chancen und Hoffnung für das zukünftige Gaza schaffen.

11. Es wird eine Sonderwirtschaftszone mit bevorzugten Zoll- und Zugangspreisen eingerichtet, die mit den teilnehmenden Ländern ausgehandelt werden.

12. Niemand wird gezwungen, Gaza zu verlassen, und diejenigen, die es verlassen möchten, können dies tun und zurückkehren. Wir werden die Menschen ermutigen zu bleiben und ihnen die Möglichkeit bieten, ein besseres Gaza aufzubauen.

13. Hamas und andere Gruppierungen verpflichten sich, weder direkt noch indirekt oder in irgendeiner Form an der Verwaltung des Gazastreifens mitzuwirken. Sämtliche militärische, terroristische und offensive Infrastruktur, einschließlich Tunnel und Waffenproduktionsanlagen, wird zerstört und nicht wieder aufgebaut. Unter Aufsicht unabhängiger Beobachter wird Gaza entmilitarisiert. Dies beinhaltet die dauerhafte Unbrauchbarmachung von Waffen durch einen vereinbarten Abrüstungsprozess. Unterstützt wird dies durch ein international finanziertes Rückkauf- und Reintegrationsprogramm, das von den unabhängigen Beobachtern überprüft wird. Das neue Gaza wird voll und ganz dem Aufbau einer prosperierenden Wirtschaft und der friedlichen Koexistenz mit seinen Nachbarn verschrieben sein.

14. Regionale Partner werden eine Garantie dafür geben, dass die Hamas und die Gruppierungen ihren Verpflichtungen nachkommen und dass das neue Gaza keine Bedrohung für seine Nachbarn oder seine Bevölkerung darstellt.

15. Die USA werden mit arabischen und internationalen Partnern zusammenarbeiten, um eine temporäre Internationale Stabilisierungstruppe (ISF) aufzubauen, die sofort in Gaza stationiert werden soll. Die ISF wird geprüfte palästinensische Polizeikräfte in Gaza ausbilden und unterstützen und sich mit Jordanien und Ägypten beraten, die über umfangreiche Erfahrung auf diesem Gebiet verfügen. Diese Truppe wird die langfristige Lösung für die innere Sicherheit sein. Die ISF werden mit Israel und Ägypten zusammenarbeiten, um die Grenzgebiete zusammen mit neu ausgebildeten palästinensischen Polizeikräften zu sichern. Es ist entscheidend, den Transport von Munition in den Gazastreifen zu verhindern und einen schnellen und sicheren Güterfluss für den Wiederaufbau und die Revitalisierung des Gazastreifens zu ermöglichen. Die Parteien werden sich auf einen Mechanismus zur Konfliktvermeidung einigen.

16. Israel wird den Gazastreifen weder besetzen noch annektieren. Sobald die ISF Kontrolle und Stabilität hergestellt haben, werden sich die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) auf der Grundlage von Standards, Meilensteinen und Zeitrahmen im Zusammenhang mit der Demilitarisierung zurückziehen, die zwischen den IDF, den ISF, den Garantiegebern und den USA vereinbart werden. Das Ziel ist ein sicherer Gazastreifen, der keine Bedrohung mehr für Israel, Ägypten oder seine Bürger darstellt. In der Praxis werden die IDF das von ihnen besetzte Gebiet von Gaza gemäß einer Vereinbarung mit der Übergangsregierung mit Ausnahme einer Sicherheitspräsenz, die bestehen bleibt, bis Gaza vor einer erneuten Terrorgefahr geschützt ist, schrittweise an die ISF übergeben, bis sie vollständig aus dem Gazastreifen abgezogen sind.

17. Sollte die Hamas diesen Vorschlag verzögern oder ablehnen, werden die oben genannten Maßnahmen, einschließlich der verstärkten Hilfsmaßnahmen, in den von der israelischen Armee an die israelischen Streitkräfte übergebenen terrorfreien Gebieten fortgesetzt.

18. Ein interreligiöser Dialogprozess wird auf der Grundlage der Werte der Toleranz und des friedlichen Zusammenlebens etabliert, um die Denkweisen und Narrative von Palästinensern und Israelis zu ändern und die Vorteile des Friedens hervorzuheben.

19. Mit fortschreitender Entwicklung des Gazastreifens und der gewissenhaften Umsetzung des Reformprogramms der Palästinensischen Autonomiebehörde könnten endlich die Voraussetzungen für einen glaubwürdigen Weg zur palästinensischen Selbstbestimmung und Eigenstaatlichkeit geschaffen werden, die wir als Ziel des palästinensischen Volkes anerkennen.

20. Die USA werden einen Dialog zwischen Israel und den Palästinensern einleiten, um sich auf einen politischen Horizont für ein friedliches und erfolgreiches Zusammenleben zu einigen.

Quelle: Anti-Spiegel

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