Es ist schon arg beschämend, dass die angebliche Linke intellektuell derart versagt hat, dass sie nicht einmal merkte, dass sie von einem Neo-Hyper-Turbokapitalismus erfolgreich zum Mitmachen genugded wurde – mit dem einfachen Trick, dass dieser sich einfach ihrer Lieblingsbegriffe bemächtigte: Solidarität, die Vulnerablen schützen – man kennt es. Wahrscheinlich rieb man sich bei Weltbank, IWF, BIS und Co. selbst verwundert die Augen, dass es so einfach ging, die ach so systemkritische Linke einzusacken – bei einer der menschenfeindlichsten Agenden, die die Weltgemeinschaft in Friedenszeiten je erlebt hat.
Die Pseudolinke, der all die letzten Jahre das Leid der Ärmsten der Armen, die unter Lockdowns, Maßnahmen und Co. unverhältnismäßig stark zu leiden hatten, vollkommen egal war, kann einpacken. Sie ist auf sämtlichen Ebenen – intellektuell, moralisch, menschlich – bankrott.
Hier kommt nun die echte linke Gegenerzählung zu dem, was die letzten Jahre global passiert ist – ein paar Zitate:
„All-Hazard Approach oder One Health heißt das dann in der Biosecurity-Sprache: Egal ob es sich um die Eindämmung von Viren oder Aufständen handelt, beides sind Sicherheitsrisiken, die die Gesellschaft in ihrem Zusammenhalt bedrohen. Da man aber Risiken vorbeugen will – das Stichwort hier ist All-Hazard Preparedness – und Risiken per definitionem immer existieren, ist dieses Paradigma auf Dauer gestellt. Es gibt kein „danach“, da dieses bereits wieder ein „davor“ ist: „Nach der Pandemie ist vor der Pandemie“, und so soll es auch sein. Es geht bei One Health – also der Vorstellung, dass sich Biosecurity um die Interaktion zwischen Mensch, Tier und Umwelt in Einem zu sorgen habe – somit um eine biotechnologische Neufassung dessen, was eine in dieser Logik veraltete Gesellschaftstheorie einmal „Gesellschaft“ genannt hat, und zwar unter dem Aspekt der „Gesundheitssicherheit“. Biosecurity ist Militär im Gewand der Gesundheit.“
„Dem Biosecurity-Denken ist eine Wahrnehmung der Bevölkerung eigen, welche diese im selben Zug als zu beschützend wie als Quelle der Gefahr wahrnimmt. (.) Es scheint nun, dass dieses Biosecurity-Dispositiv gleich auf mehreren Ebenen das zur Verfügung stellt, was der krisengeschüttelte Kapitalismus der Gegenwart braucht.“
„Es ist jedoch zentral zu verstehen, dass Krisen aus der Perspektive von Kapitaleignern durchaus nützlich sind: Als kontrollierte Entwertungen – von Volkseigentum, aber auch von kleinerem Privateigentum – ermöglichen sie neue lukrative Anlagemöglichkeiten. David Harvey spricht in diesem Zusammenhang von einer eigentlichen Enteignungs-Ökonomie, die er „Akkumulation durch Enteignung“ nennt. So ist es eben auch ein großes Missverständnis zu glauben, dass die durch die Lockdowns global induzierte Wirtschaftsschrumpfung für die kapitalistische Produktionsweise eine Bedrohung darstellen würde; das genaue Gegenteil ist der Fall.“
Quelle: Die Berliner-Zeitung